Im Ministerrat vom 15. Juni 2022 in Rom wurde beschlossen, die Kapazitäten für die Kreuzfahrtschiffe für 2022 weiter zu erhöhen! Gelingen soll dies mit einem zusätzlichen provisorischen Behelfshafen, einer zusätzlichen Anlegestelle im Hafen von Chioggia.
Kreuzfahrtschiffe in der Lagune von Venedig
Es ist äußerst problematisch für das Ökosystem der Lagune von Venedig, wenn diese riesen Kreuzfahrtschiffe in die Lagune einfahren. Aufgrund großer, auch internationaler, Proteste, wurden zwar die Kreuzfahrtriesen aus dem Giudecca-Kanal verbannt, zumindest die ganz großen Schiffe, aber weiterhin dürfen sie in das hochsensible Lagunengebiet einfahren. Sei es jetzt im Hafen für Erdöltanker in Marghera, oder eben nun, wie gestern beschlossen, im Hafen von Chioggia.
Es ist reine Augenauswischerei und löst das Problem keinesfalls. Durch diese Schiffe muss die Lagune immer tiefer ausgegraben werden, dies hat enorme Auswirkungen auf das Ökosystem und begünstigt auch die Hochwässer, von denen Venedig immer stärker betroffen sein wird. Die wirtschaftlichen Interessen sind leider viel zu groß, sodass mit diesen zusätzlichen Kapazitäten der Lagune nach und nach die Lebensgrundlage entzogen wird.
„Authority for the Venice Lagoon – New Water Magistrate“
Ebenfalls im Ministerrat wurde beschlossen, die Autorität über die Lagune in eine neue Gesellschaft auszulagern und unter der Verwaltung von Venedig zu stellen. Der Name ist „Authority for the Venice Lagoon – New Water Magistrate“. Das hört sich auf den ersten Blick nach einer positiven Entwicklung an und Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro übt sich schon in Jubelstimmung. Doch wer den Bürgermeister und seine, vornehm ausgedrückt, Interessenskonflikte kennt, weiß, dass das nicht zum Wohle der Lagune ist, sondern zum Wohle der verstrickten Unternehmen.
Overtourism in Venedig – Präfekt warnt eindringlich
Erst gestern, hat sich der Präfekt von Venedig, Vittorio Zappalorto, eindringlich zu Wort gemeldet und vor den Auswirkungen des Massentourismus in Venedig gewarnt. Es sei Zeit, dass die Soziale Auswirkung mehr Gewicht bekommt und er fordert einen Stopp für Venedig.
«Diese Art von Billigtourismus – fährt der Präfekt fort – wird durch Geschäfte befriedigt, die hauptsächlich von Chinesen geführt werden, wodurch lokale Unternehmen wie Metzger und Bäckereien verschwunden sind. Entlang der stark frequentierten Routen sind minderwertige Kleidung, Souvenir-, Take-Away- und Fast-Food-Läden entstanden. Alles in der „Unmöglichkeit der Durchführung von Kontrollen“ aufgrund der ständigen Fluktuation der Eigentümer, die keine Kontrollen zulässt. „1998 gab es 45 Läden dieser Art, jetzt haben wir die Tausend überschritten.“ Zu diesem Thema „haben die Finanzpolizei und die örtliche Polizei ein Dossier erstellt, das das Phänomen analysiert und operative Hinweise liefert, um aus dieser Situation herauszukommen“.
An der Handelsfront „ist die Situation äußerst besorgniserregend. Die Inhaber, die die Lizenzen kaufen, haben eine Einkommenskapazität, die die anfallenden Kosten nicht rechtfertigt, daher fragen wir uns, woher dieses Geld kommt. Dies sind Ströme, die auf intransparente Weise aus östlichen Ländern kommen ». Und jetzt „verbreitet sich in der chinesischen Gemeinde der Kauf wichtiger Vermögenswerte, darunter historische Hotels oder Immobilienkomplexe“. Alles durch Tricks, die es Ihnen ermöglichen, die Gesetze zur Bekämpfung der Geldwäsche zu umgehen. „Ein echtes System, das unregelmäßige Arbeiter, falsche Rechnungen, nicht zertifizierte und minderwertige Produkte mit sich bringt“. Daher „nicht nur soziale Degradierung, sondern auch weit verbreitete Illegalität des gesamten Wirtschaftssystems“.
Alarmstufe DUNKELROT für Venedig
Diese Entwicklung ist der letzte Akt der vollkommenen Zerstörung von Venedig durch wirtschaftliche Interessen. Die offizielle Einwohnerzahl ist in den letzten Tagen bereits unter die Marke von 50.000 gerutscht, junge Menschen können sich gar nicht mehr ansiedeln, da der Wohnungsmarkt durch Airbnb überflutet ist und die Preise in enorme Höhen treiben. Venedig stirbt aus und wandelt sich in ein Museum um. Getrieben von wirtschaftlichen Interessen, befeuert durch Politiker mit dubiosen Verbindungen.
Interview-Empfehlung
Zu diesem Thema haben wir Ende Mai ein Interview mit Frau Petra Reski geführt. Die Probleme der Lagune, den Bewohnerschwund und die Verstrickungen des Bürgermeisters waren ebenso Thema, wie das Buch von Frau Reski, Als ich einmal in den Canal Grande fiel.
Das Buch ist im gut sortierten Buchhandel und hier erhältlich:
Das Interview in voller Länge kann man hier nachsehen und viel über die Machenschaften und Probleme in Venedig erfahren.